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Tocharisch und Tocharer

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Subeši, Region Kucha

Subeši, Region Kucha

Der als Seidenstraße bekannte Verbindungsweg zwischen China und Europa ermöglichte nicht nur den Handel von Gütern und Waren, sondern diente auch dem Austausch von Ideen und Sprachen. Wie so viele andere Kulturen Zentralasiens entlang dieses Weges, erlangten so auch die zwei Sprachen Tocharisch A und Tocharisch B im Zuge der Ausbreitung des Buddhismus nach Osten um die Mitte des 1. Jahrtausends n.Chr den Rang von Literatursprachen.

Obwohl Tocharisch im Königreich Kucha und in der Turfanoase, d.h. im Norden des Tarimbeckens und somit in der heutigen Provinz Xinjiang im Nordwesten Chinas gesprochen wurde, ist es nicht mit dem Chinesischen verwandt, sondern stellt einen eigenen Sprachzweig der indogermanischen Sprachfamilie dar, ist also urverwandt mit alten Sprachen wie Latein, Altgriechisch und Sanskrit und mit modernen Sprachen wie Englisch, Deutsch und Spanisch.

Tocharisches Manuscript

Tocharisches Manuscript (IOL Toch 301)

Irgendwann am Ende des 1. Jahrtausends sind beide tocharische Sprachen ausgestorben. Kenntnis von Tocharisch A und B haben wir nur aus schriftlichen Originalzeugnissen, die dank des trockenen Klimas der Taklamakan mehr als 1000 Jahre im Wüstenboden oder in alten Klosterhöhlen überdauerten. Wieder ans Licht zu treten begannen diese Textdokumente im Zuge der Turfanexpeditionen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. In der Folge dieser archäologischen Unternehmungen kamen tocharische Texte in museale Sammlungen und Archive nach China, Japan und Europa.

Durch die Lesung und Erschließung dieser vielen Tausenden von Manuskripten können wertvolle Einblicke in die Lebenswelt ihrer Verfasser gewonnen werden. Einerseits haben wir Alltagsdokumente, die uns Aufschluß über das tägliche Leben der Menschen geben können. Andererseits haben wir kanonische und wissenschaftliche Literatur der buddhistischen Klöster, die von einem hohen wissenschaftlichen und literarischen Niveau Zeugnis geben.

Das Ziel unseres Projekts "Eine Gesamtedition der Tocharischen Handschriften" ist, alle diese tocharischen Textzeugnisse für alle Interessierten zugänglich zu machen. Wir möchten Photos der Texte publizieren, sie ins lateinische Alphabet umschreiben und übersetzen, sowie auch sprachwissenschaftlich, philologisch und inhaltlich kommentieren. Das Sprachmaterial wird zusätzlich durch eine Datenbank erschließbar mit verschiedensten Suchfunktionen, sei es grammatischer oder philologischer Art.

Die Durchführung dieses Projekts wird ermöglicht durch die großzügige Finanzierung durch das START-Programm des FWF — Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (Y492). Der Beginn war im Februar 2011, die Förderungsdauer beträgt sechs Jahre.