Siegling Letter 1
- Cite this page as
- "Siegling Letter 1". In A Comprehensive Edition of Tocharian Manuscripts (CEToM). Created and maintained by Melanie Malzahn, Martin Braun, Hannes A. Fellner, and Bernhard Koller. https://cetom.univie.ac.at/?sgl_letter_1 (accessed 13 Oct. 2024).
- Type
- letter
- Script
- handwritten
- Author
- Emil Sieg
- Recipient
- Wilhelm Siegling
- Place
- Kiel
- Date
- 1911-06-16
- Transcription by
- Bernhard Koller, Anna June Pagé
Summary
Sieg complains about the low quality some of the print samples for their text edition. He sums up his most recent findings on the Tocharian A lexicon and tasks Siegling with investigating certain aspects of the verbal system. Sieg further discusses plans to join Siegling in Berlin in order to spend their leftover budget on a social gathering.
Images
Images provided by Prof. Dr. Thomas Oberlies and Pratik Rumde from the Seminar für Indologie und Tibetologie of the Georg-August-Universität Göttingen.
Transcription
a1Wortbed.
a2Herrn Dr. W. Siegling,
a3Assistent a. Kgl. Museum f. Völkerkunde
a4Berlin
a5Königgraetzerstr.
b1
b2F. Hale Jansen
b3
c1Kiel 16/6. 11
c2Herderstr. 2
c3Lieber Siegling,
c4haben Sie besten Dank für die
c5Übersendung der letzten Druckbogen u.
c6für Ihre beiden Karten. Was zunächst das
c7Geschäftliche betrifft, so bin ich natür¬
c8lich auch der Meinung, dass Š 80.28b kassiert
c9werden muss. Im Übrigen scheint es mir,
c10als ob gerade auf diesem Bogen die einzel¬
c11nen Zeichen schlecht herausgekommen sei¬
c12en. Hoffentlich liegt das nur an diesen
c13Abzügen u. der definitive Druck wird
c14klarer, sonst wird man nicht allzuviel
c15herauslesen können! –
c16Habe ich Ihnen eigtl. schon für die Über¬
c17sending des JRASB gedankt? Ich glaube
c18[Das Geld für die klemischen Bücher ist mit ge¬
c19schickt worden.]
d1nicht, dann sei es also hiermit geschehen.
d2Das Buch ist pünktlich u. in bester Verfassung
d3in meine Hände gelangt, aber ich werde
d4es wohl kaum brauchen, da ich weder Lust
d5noch Zeit , mich mit Sprache II
habe
d6zu beschäftigten. An D. Ross habe ich ge¬
d7schrieben u angefragt, ob ich d. Ms. an
d8Leumann weitergeben dürfe.
d9Inzwischen habe ich fleissig am Toch.
d10gearbeitet u. auch wieder einige schöne
d11Sachen herausbekommen, so tāp = essen,
d12wṣe = Nacht (offenbar von Skt. √vas weilen,
d13von der auch waṣt Haus, waste Schutz ab¬
d14zuleiten ist), wsāl = Gewand, Kleid
d15(√vas kleiden, toch. wsā, wsāṃ, wasu
d16etc) u. damit auch kāṣāri als Lehnwort
d17= kaṣāya „das gelbe Gewand d. Buddhisten“;
d18tim (masc.) tiṃ (neutr bezw fem) = die beiden tau, te
d19cf. 80.26a2: kṣatriṃ pratri tim
d20luyāmpi wsāyokāṃ [yā]tsyāmpi lānt sew[ā]ññāmpi o/ā
d21Kṣatriyas, Brüder diese beiden, mit roten Ge (rotgelben?)¬
d22wändern beide, mit goldfarbenem chavis beide,
d23Königssöhne beide“. pis Lehnwort = bhikṣu
d24neben saṅk = saṅghā schrieb ich Ihnen wohl bereits.
d25Das wären die Glanzpunkte aus letzter
etwa
d26Zeit, man sieht also, dass man doch noch vor¬
d27wärts kommt. Übrigens glaube ich, dass uns
d28Müllers Uigurica II auch noch mehr Nutzen
d29bringen, als es zunächst den Anschein hat.
d30Da fällt mir ein, dass Sie von einem
d31Smith sprachen, der über Tocharisch ge¬
d32schrieben hat. Mir hat er das Werk bisher
d33nicht geschickt, ich möchte es natürlich
d34auch gern sehen u. auch besitzen. Ich
d35habe übrigens neulich bei mir alles ver¬
d36geblich nach Mironow's toch. Publikation
d37abgesucht, ich weiss nicht, wo ich sie ge¬
d38lassen haben mag, im Museum in B. ist
d39die doch nicht liegen geblieben, nicht wahr?
c20Doch nun zu Ihrer neusten Bierkarte:
c21wenn Sie so unsinnig viel Geld in Ihrer
c22Kasse haben, dass Sie sich damit nicht
c23mehr sicher fühlen, dann schicken Sie
c24es einstweilen an mich, ich werde es dann
c25bis August, d.h. bis zu der Zeit, wo ich
c26ich in Berlin bin, u. mit Ihnen den Mam¬
c27mon verfr... und vers... werde, aufbewah¬
c28ren. Vorher giebt es natürlich kein Fest¬
c29essen auf Kosten der Kasse, verstanden???
c30Sonst würde ich Himmel u Erde in Be¬
c31wegung setzen, d.h. vor allen Dingen den
c32guten Negelein aufreizen u. die schreck¬
c33lichen Folgen hätten Sie sich dann Selbst
c34zuzuschreiben! Sonst danke ich natür¬
c35lich vielmals für die vielen herzlichen
c36Grüsse, grüssen Sie mir alle ebenso
c37herzlich wieder, insbesondere auch den
c38guten PVC Baur u. Oertel – wenn er wieder
c39da ist. – Ich habe in letzter Zeit wieder furcht¬
c40bar viel Arbeit für Universitätsangelegenheiten u. s. w, die Wochentage
c41von Montag bis Donnerstag insb. sind immer vollständig durch andere
d40Arbeiten belegt, nur Freitag, Sonnabend u Sonntag komme ich etwas
d41zum Tocharischen. Wie weit sind Sie nun mit der Wortforschung
d42gediehen? Legen Sie sich bitte besonders doch die Verbalflexion, sammeln
auf
d43Sie namentlich die versch. Formen auf ausl. ā, āṃ, e, verb. etc. immer in Verbindung mit
äṃ, äm
d44den zugehörigen Substantiven, ctionen etc, ich werde dann die Wortforschung weiter
c42betreiben. Wie wollen Sie sich denn Ihren Urlaub legen? Ich denke
c43spätestens Mitte August in Berlin zu sein, weiss nur nicht, ob ich noch
c44vorher umziehen kann od zum Ende September wieder nach K. zurück muss.
c45Im letzteren Fall würde ich natürlich
c46nicht nach Posen fahren. Ich schreibe
c47Ihnen aber noch Näheres darüber.
c48Herzl. Grüsse, auch
c49von meiner Frau.
c50Ihr alter getreuer E. Sieg
Index
People
P. V. C. Baur: c38
Ernst Leumann: d8
Nikolaj Dmitrievič Mironov: d36
Friedrich W. K. Müller: d28
Julius von Negelein: c32
Hanns Oertel: c38
Edward Denison Ross: d6
Emil Sieg: c50
Emil Sieg's wife: c49
Emil Smith: d31
Bibliography
Mironov, Nikolay D. 1909. “Iz rukopisnych materialov ekspedicii M.M. Berezovskago v Kuchu.” Bulletin de l’Académie des Sciences de St.-Pétersbourg VI série (8): 547–62.
Müller, Friedrich Wilhelm Karl. 1911. “Uigurica II.” Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften Jahrgang 1910 (1911), Nr. 3.
Sieg, Emil, and Wilhelm Siegling. 1921. Tocharische Sprachreste, I. Band. Die Texte. A. Transcription. Berlin/Leipzig: de Gruyter.
Smith, Emil. 1911. “Tocharisch,” die neuentdeckte indogermanische Sprache Mittelasiens. Christiania: Dybwad.